Stellungnahme der BI Schildgen zu den Vorschlägen der Verwaltung für den Entwurf des Flächennutzungsplans der Stadt Bergisch Gladbach 2035

 

1. Das Mengengerüst der Neuausweisung für Wohnbauland in Bergisch Gladbach ist weiter zu groß.

 

Dies hat zwei Hauptgründe:

 

a) Die Verwaltung geht von einem zu großen Bevölkerungszuwachs in Bergisch Gladbach aus. Im Vorentwurf wurde die Neuausweisung für Wohnbauland für einen Bevölkerungszuwachs zwischen +5156 und +9518 Einwohnern geplant. Diese Planung wird im Entwurf nicht korrigiert.

Für die Planung mit einem so starken Bevölkerungszuwachs gibt es keine Notwendigkeit. Die Bevölkerungsprognose des statistischen  Bundesamtes beträgt für NRW bis 2035 bei starker Zuwanderung eine Abnahme der Einwohnerzahl um  600.000 Einwohner, bei schwacher Zuwanderung um 1.000.0000 und eben kein Bevölkerungswachstum.

 

Im Vorentwurf wurden 5 Prognosen mit einem Wachstum zwischen 913 und 9518 Einwohnern aufgeführt, je nach Entscheidung der Stadt. Im Vorschlag für den Entwurf wird jetzt zum Teil nur noch von „der Prognose“ (S. 15ff) gesprochen, als handele es sich um ein Geschehen, das sich nicht beeinflussen liesse wie z.B. das Wetter. Auf die Spitze wird dies noch getrieben, wenn argumentiert wird „Eine Bedarfsentwicklung erfolgt  gemäß der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Methodik…..“ (S.16)

 

Es ist aber Aufgabe des Stadtrates, die Entwicklung der Stadt aktiv zu gestalten. Dies wird überhaupt nicht berücksichtigt.

Baugesetzbuch:

§ 5 Inhalt des Flächennutzungsplans

Im Flächennutzungsplan ist für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen.“

 

Es soll die beabsichtigte Entwicklung dargestellt werden. Die Frage ist also  „Wie beabsichtigen wir zu leben“.

 

Aus der Mitteilungsvorlage für die der FNP-Ausschuss-Sitzung vom 28.10.2015:

„Der FNP drückt die eigenen und langfristigen Vorstellungen zur Entwicklung der Stadt aus“

 

Wollen wir unbedingt eine stark wachsende Einwohnerzahl mit zunehmenden Verkehrsproblemen und Zerstörung von Grünflächen oder wollen wir, dass das Leitbild „Wohnen im Grünen“ für unsere  Stadt weiter gilt.

Hier ist unser Stadtrat gefordert. Dieser entscheidet über den Entwurf  des Flächennutzungsplanes und nicht die Verwaltung. Hoffen wir, dass der Stadtrat versucht, die Lebensqualität in unserer schönen Stadt zu erhalten.

 

Die BI Schildgen fordert weiter ein Wachstumsziel von maximal 4500 Einwohnern. Bei einem stärkeren Anstieg der Einwohnerzahl würde die Lebensqualität der Bürger durch eine Zunahme der Verkehrsprobleme und eine Zerstörung wichtiger Grünflächen verschlechtert.

 

b) Es wird weiter von einem hohen Ersatzbedarf ausgegangen.

Ersatzbedarf beschreibt den Bedarf, der durch Abriss oder Zweckentfremdung von Wohneinheiten entsteht. Für den Ersatzbedarf werden 2200 Wohneinheiten im Bereich neuer Wohngebiete geplant. Das entspricht etwa 55 Hektar Wohnbauland.

Hier wird so getan, als ob auf dem Grundstück der abgerissenen Häuser Brachflächen verbleiben.

In der Regel erfolgt nach Abriss einer Immobilie in Bergisch Gladbach aber ein Neubau, oft mit einer höheren Anzahl von Wohneinheiten.

 

Entsprechend steht etwa bei der Anleitung zur Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise im Rahmen des Genehmigungsverfahrens des Landes Baden Württemberg: "Nachdem großflächiger Abriss von Wohnungen seit längerem nicht mehr gängige Praxis ist, dürfte ein entsprechender Ersatzbedarf regelmäßig nicht mehr vorkommen."

 

Dies wurde in unserer Stellungnahme ausführlich erörtert. Die Verwaltung geht aber darauf überhaupt nicht ein. Es wird einfach nur wiederholt: „Ein Ersatzbedarf von 0,2 % des Wohnungsbestandes pro Jahr wird auf 20 Jahre hochgerechnet.“

 

Die BI Schildgen fordert weiter, keine Neuausweisung von Wohnbauland aufgrund eines Ersatzbedarfes vorzunehmen.

 

Anmerkung:

Die Verwaltung behauptet auch, die  Teuerungen am Grundstücksmarkt seien insbesondere auf ein begrenztes Flächenangebot zu begründen.

Die Teuerungen haben aber ganz andere Hauptgründe. Zitat Marktbericht 2017 der KSK-Immobilien: „Vielmehr bleiben das niedrige Zinsniveau, die fehlende Verfügbarkeit alternativer Anlagen (sogar alternativer Immobilienanlagen) und die zunehmende stärkere Gewichtung der Wertstabilität eines Immobilieninvestments rational nachvollziehbare Preistreiber.“

 

Egal ob Kaufpreis für die eigene Immobilie oder Mietpreise: Köln stellt das Zentrum dar, in dessen Bereich die höchsten Preise bestehen. Mit zunehmender Entfernung von Köln sinken die Preise. Und in Bergisch Gladbach sind im Vergleich die Preise eher noch moderat: „Im direkten Vergleich der Top-Standorte des Rheinisch-Bergischen Kreises sowie des im Westen von Köln gelegenen Rhein-Erft-Kreises fällt auf, dass die Preise für Bestandseigentumswohnungen in Hürth, Pulheim, Brühl oder Frechen etwa 200 Euro/m² höher liegen als in Bergisch Gladbach oder Leichlingen.“

 

Durch Neuausweisungen von Wohnbauland in Bergisch Gladbach alleine wird sich das Preisniveau kaum senken lassen.

Dies wird erst der Fall sein, wenn bei sinkender Wohnqualität und zunehmenden Problemen im Bereich der Verkehrssituation das Interesse abnimmt, in Bergisch Gladbach wohnen zu wollen. Das darf aber nicht Ziel der Politik in Bergisch Gladbach sein.

 

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2. Das Mengengerüst der Neuausweisung für Wohnbauland in Bergisch Gladbach Nord (Schildgen, Katterbach und Nussbaum) wurde deutlich verkleinert, ist aber weiter zu groß.

 

In einer Mitteilungsvorlage für die FNP Ausschusssitzung am 4.7. wurden die Ergebnisse der Verkehrsnetzanalyse vorgestellt. Hier zeigt sich eine Überlastung vieler Straßen, die Kempener Straße ist in Stoßzeiten bereits jetzt zu 90 - 100% ausgelastet, die Altenberger-Dom-Straße zu 60-80%.

Die neuen Pläne sehen 25 Hektar neues Wohnbauland in Bergisch Gladbach Nord vor. Dazu kommen noch zusätzliche Wohneinheiten durch eine zunehmende Verdichtung der bestehenden Wohnflächen. Selbst wenn die durchschnittliche Dichte von  40 Wohneinheiten pro Hektar nicht erreicht wird muss mit bis zu 1000 zusätzlichen WE mit ca. 2000 neuen Bewohnern gerechnet werden. Das würde zu 6000 zusätzlichen Fahrten führen, die zu einem großen Teil die Kempener Straße und die Altenberger-Dom-Straße laufen würden. Das Verkehrschaos wäre vorprogrammiert.

Hier nur auf die konkreten Schritte zu verweisen, die im städtischen Mobilitätskonzept angelegt sind und deren Wirkungen im Planungszeitraum spürbar werden sollten (!) greift viel zu kurz. Das Mobilitätskonzept ist auf ein Bevölkerungswachstum von 3874 Einwohnern ausgelegt. Hier sollten sich die Verantwortlichen in der Verwaltung noch einmal belesen.

 

Im Hinblick auf die Lärmbelastung, z.B. auf der Altenberger-Dom-Straße und der Kempener Straße wird seitens der Verwaltung auf den Lärmaktionsplan verwiesen.

 

Zu den Maßnahmevorschlägen gehören nächtliche LKW-Verbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen. Aber selbst mit diesen Maßnahmen wird kein ausreichender Lärmschutz erreicht (s. Anhang 1). Deswegen werden zusätzlich private Lärmschutzmaßnahmen (z.B. Schallschutzfenster) empfohlen.

 

Es sollte erst einmal geklärt werden, ob eine Durchsetzung der Maßnahmenvorschläge des Lärmaktionplans überhaupt durchführbaor ist. Falls dies nicht der Fall ist verbietet sich eigentlich jede Neuausweisung von Wohnbauland im Stadtbezirk 1.

 

Die BI Schildgen fordert eine weitere deutliche Reduzierung der neu ausgewiesenen  Flächen für Wohnbauland im Bereich Schildgen, Katterbach und Nussbaum.

 

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3. Die Potenziale Sc 16a und Sc 16b sind als nicht geeignet einzustufen.

Zumindest ist eine weitere, deutliche Reduzierung der Neuausweisung von Wohnbauland der Potenziales Sc 16 a und Sc 16b notwendig. Jedes andere Vorgehen würde der eigenen Stellungnahme der Verwaltung widersprechen (s.u.)

 

Im Einzelnen:

 

Sc 16a

Boden:

Planungsvorschlag Verwaltung:

„In einem Bebauungsplanverfahren muss die Inanspruchnahme der wertvollen Bodenbereiche entsprechend berücksichtigt beziehungsweise kompensiert werden. „

 

Stellungnahme BI Schildgen

Zu den möglichen Kompensationsmaßnahmen für den nördlichen Bereich s. Anhang 2. Keine der genannten Kompensationsmaßnahmen kommt für das  Potenzial Sc 16a in Frage.

Das Potenzial Sc16a ist aus Gründen des Bodenschutzes  als nicht geeignet einzustufen.

 

Sc 16b

Boden:

Planungsvorschlag Verwaltung:

„Eine Kompensation der südlichen Flächen er-scheint in einem Planverfahren schwierig. Für das nördliche Gebiet ist eine Kompensation hingegen denkbar.“

 

Stellungnahme BI Schildgen:

Böden mit einem bereits hohen Funktionserfüllungsgrad (südliches Gebiet) können nicht mehr aufgewertet werden, so dass auf solchen Böden keine Kompensationsmaßnahme für den Boden möglich ist.

Zu den möglichen Kompensationsmaßnahmen für den nördlichen Bereich s. Anhang 2. Keine der genannten Kompensationsmaßnahmen kommt für den nördlichen Bereich des Potenzial Sc 16b in Frage.

Das Potenzial Sc16b ist aus Gründen des Bodenschutzes  als nicht geeignet einzustufen.

 

Klima

Stellungnahme der Verwaltung:

„Insbesondere sind bei austauscharmen Wetterlagen vor allem die Kaltluftentstehungsgebiete aus dem Nordosten, entsprechend dem topographischen Gefälle, von regionaler Bedeutung.“

„Insbesondere nachfolgende Aspekte sind von Relevanz: keine Ausdehnung der Wärmeinseln, keine Änderungen der Kaltluftbildungs- und Kaltluftabflussverhältnisse“

 

Stellungnahme BI Schildgen:

Die Bebauungspläne für das  Potenzial Sc 16b sind mit den o.g. Grundsätzen zum Klimaschutz nicht in Einklang zu bringen.

Die Klimaanalyse Klimatische Einheit Nord zeigt eindeutig, dass auch die Gebiete im Norden des Potenziales Sc 16b fast komplett zu einem Kaltluftentstehungsgebiet und zum Teil zu einem Kaltluftzuflussgebiet gehören.

Für das Potenzial Sc 16b gilt: Aus Gründen des Klimaschutzes verbietet sich eine Bebauung des Bereiches südöstlich der Gebäude der ehemaligen Hofanlage Schüllenbusch

 

 

 

Anhang 1

 

Maßnahmevorschläge Lärmaktionsplan s. 88ff

 

 

 

Anhang 2

Bodenschutz in der Umweltprüfung nach BauGB

Leitfaden für die Praxis der Bodenschutzbehörden in der Bauleitplanung

im Auftrag der

Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz (LABO)

 

 

Anhang 3

Ausschnitt aus der Karte „Klimaanalyse Klimatische Einheit Nord“ des Freiraumkonzeptes