Die grundsätzlichen Planungsfehler der Verwaltung bleiben weiter bestehen. Hier muss befürchtet werden, dass selbst bei einem Wachstum auf über 120.000 Einwohner weiterhin Bauland ausgewiesen wird.

 

 

Und was das alleine für die Verkehrssituation in Bergisch Gladbach bedeutet kann sich jeder ausmalen.

 

 

Der FNP sollte eine klare Zielvorgabe für das Bevölkerungswachstum nennen. Es ist nicht zu erklären, warum dies nicht geschieht.

 

Dabei werden die Aufgaben des FNP im Entwurf eigentlich korrekt aufgeführt:

 

„Der Flächennutzungsplan ist dabei das planerische Instrument der Gemeinde, um im Rahmen der durch Artikel 28 Grundgesetz gesicherten Planungshoheit für das gesamte Gemeindegebiet die „beabsichtigte städtebauliche Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen" (§ 5 Absatz 1 Baugesetzbuch). Die Gemeinde trifft in diesem Plan grundlegende planerische Aussagen über die von ihr angestrebte Bodennutzung."

 

 

 

„Aus den Formulierungen des Baugesetzbuches ergibt sich, dass eine Orientierung der Planung an zukünftigen Bedarfen erforderlich und geboten ist. Das Baugesetzbuch formuliert dies in § 5 Absatz 1, wonach die Darstellungen des Flächennutzungsplanes „nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde" erfolgen müssen."

 

Und

 

„Der Flächennutzungsplan stellt die zukünftig gewünschte Flächennutzung dar."

 

 

 

 

Es geht um die Bedürfnisse der Gemeinde, bei uns also um die Bedürfnisse von Bergisch Gladbach. Nun müsste erst einmal geklärt werden, wie diese Bedürfnisse aussehen. Wie soll Bergisch Gladbach in Zukunft aussehen? Soll sich Bergisch Gladbach weiter durch ein Wohnen im Grünen auszeichnen oder zu einer Art dicht besiedelten Vorstadt von Köln entwickeln? Man hätte entscheiden können, das FNP-Verfahren mit dem Erstellen eines Leitbildes zu starten. Dies wurde aber nicht als notwendig angesehen, weil es bereits ein Dokument gab, das Leitbildcharakter hat. Zu Beginn der Ausschusssitzungen wurde festgelegt, dass ISEK 2030 als Leitbild gelten soll.

 

 

Dies wird auch im FNP-Entwurf erwähnt, aber in den aktuellen Planungen nicht konsequent umgesetzt. Statt die Gelegenheit zu nutzen, die Zukunft unserer Stadt aktiv zu gestalten wird sich ständig verändernden Prognosen hinterhergelaufen.

 

 

 

 

Denn wenig später heißt es plötzlich:

 

„Anschließend werden in Kapitel 6 die zukünftigen Bedarfe an Wohnbauflächen (siehe Kapitel 6.1) und Gewerbeflächen (siehe Kapitel 6.2) errechnet. Diese beruhen auf Prognosemethoden, die eine Berechnung der notwendigen Flächenbedarfe ermöglichen."

 

Hier ist schon ein grundlegender Fehler erkennbar. Der Bedarf an Wohnbauflächen soll sich nach den Bedürfnissen der Gemeinde richten und nicht nach Prognosen, wie viele Menschen gerne ihren Wohnort in die Gemeinde verlegen wollen.

 

 

Im Ergebnis wandern so viele Menschen nach Bergisch Gladbach ein, dass die Stadt seit rund 15 Jahren durchschnittlich um etwa 200 Einwohnerinnen und Einwohner pro Jahr wächst.

 

Tatsächlich ist der Einwohnerzuwachs gerade in den letzten Jahren stärker als erwartet.

 

„Die Bevölkerungszahl Bergisch Gladbach ist von 110.812 im Jahr 2014 auf 112.696 im Jahr 2016 gestiegen (städtische Daten, Stand jeweils 31.12.). Bis zum 30.06.2017 stieg die Bevölkerung weiter um 142 Einwohner auf 112.838. Damit hat die aktuelle Bevölkerungszahl bereits den prognostizierten Zielwert des Jahres 2018 der Varianten 3 und 4 übertroffen, die ursprünglich als Datengrundlage für die Neuaufstellung des Flächennutzungsplanes herangezogen werden sollten."

 

„Obwohl in den Jahren 2015 bis 2017 keine neuen größere Wohnbauflächen in Bergisch Gladbach entwickelt worden sind, übersteigt die tatsächliche Entwicklung somit alle bisher prognostizierten Bevölkerungszahlen."

 

 

Das ein so starkes Bevölkerungswachstum möglich ist liegt schlicht und ergreifend an falschen Annahmen der Verwaltung. Diese geht davon aus, dass Neubauten nur in Baulücken entstehen können (also auf bisher „leeren" Baugrundstücken). Tatsächlich findet aber ein Großteil der Neubautätigkeit auf Grundstücken statt, die durch den Abriss von Gebäuden freiwerden. Hier werden oft Einfamilienhäuser durch Immobilien mit mehreren Wohneinheiten ersetzt. Die Verwaltung verlangt dagegen sogar einen Ersatzbedarf. Was ist das?

 

Ersatzbedarf beschreibt den Bedarf, der durch Abriss oder Zweckentfremdung von Wohneinheiten entsteht. Für den Ersatzbedarf werden 2195 (!) Wohneinheiten im Bereich neuer Wohngebiete (also sozusagen auf der grünen Wiese) geplant.

 

Hier wird so getan, als ob auf dem Grundstück der abgerissenen Häuser Brachflächen verbleiben.

 

In der Regel erfolgt nach Abriss einer Immobilie in Bergisch Gladbach aber ein Neubau, oft mit einer höheren Anzahl von Wohneinheiten. Dies gilt übrigens nicht nur für Bergisch Gladbach sondern für die meisten Städte.

 

Entsprechend steht etwa bei der Anleitung zur Plausibilitätsprüfung der Bauflächenbedarfsnachweise im Rahmen des Genehmigungsverfahrens des Landes Baden Württemberg: "Nachdem großflächiger Abriss von Wohnungen seit längerem nicht mehr gängige Praxis ist, dürfte ein entsprechender Ersatzbedarf regelmäßig nicht mehr vorkommen."

 

 

Am Schlimmsten ist aber, dass aus dieser Entwicklung völlig falsche Schlüsse gezogen werden. Wenn von der Gemeinde das Ziel angestrebt wird auf 116.000 bis 120.000 Einwohner anzuwachsen (und selbst das wurde nicht einmal beschlossen, das Ziel in ISEK 2030 lautete eine Stabilisierung der Bevölkerungszahl durch Zuzüge aus der Region!!) dann ist es doch wunderbar, wenn dies gelingt, ohne dass Wohnbauland in einem größeren Maße neu ausgewiesen werden muss.

 

Stattdessen glaubt die Verwaltung, jetzt erst recht Wohngebiete planen zu müssen.

 

„Die nach den Ergebnissen der Prognosen zu erwartenden Entwicklungen stellen die Stadt Bergisch Gladbach nicht nur im Bereich Wohnen vor erhebliche Herausforderungen. Sie sind im Rahmen der Neudarstellungen von Wohnbauflächen im Flächennutzungsplan nach den Regelungen des Baugesetzbuches zu berücksichtigen."

 

Dies ist eine völlige Fehleinschätzung der Aufgabe des FNP. Die Darstellungen des Flächennutzungsplanes müssen nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde erfolgen. Der FNP hat nicht die Aufgabe, Neubauflächen für die die maximal verkaufbaren Immobilien zu schaffen. Im Moment findet ein kräftiges Bevölkerungswachstum statt, ohne dass größere Flächen als Wohnbauland neu ausgewiesen werden müssen. Und zusätzlich bestehen ja sogar noch gute Chancen, größere innerstädtische Gebiete wie das Zandersgelände oder den Bereich an den Kalköfen als z.B. Mischgebiete mit Wohneinheiten entwickeln zu können.

 

 

Die Infrastrukturen von Bergisch Gladbach lassen ein maximales Wachstum an Einwohnern nicht zu. Am offensichtlichsten ist dies im Bereich des Verkehrs. Das Mobilitätskonzept bietet Lösungen nur bis zu einem Bevölkerungswachstum auf 115.168 Einwohner bis zum Jahre 2030 und nicht mehr.

 

 

Wenn die Pläne des FNP-Entwurf für die Neuausweisung von Wohnbauland umgesetzt würden müssten die meisten Bergisch Gladbacher Bürger mit einer deutlichen Abnahme ihrer Lebensqualität rechnen.

 

 

Da hilft es auch nicht, dass immer wieder beteuert wird, dass die endgültige Prüfung für die Bebauung erst durch die Bebauungspläne durchgeführt wird.

 

 

Die bisherige Planung des FNP durch die Verwaltung war so eklatant fehlerhaft, dass jeder Glaube fehlt, bei den Bebauungsplänen würde eine objektive Beurteilung der Eignung stattfinden.

 

Herr Flügge und Bürgermeister Urbach hatten bereits den Vorentwurf ohne jede kritische Prüfung gelobt.

 

So Baurat Flügge in in-gl.de vom 22.11.2016:

 

„Flügge betont, der Entwurf baue auf „sehr guten, transparent dargelegten Prognosen" auf; jeder Interessierte könne sich in den gut aufbereiteten Unterlagen umfassend informieren. Die Stadtplaner, so Flügge weiter, hätten auf dieser Basis „sorgfältig die Flächen an klugen Punkten" angelegt."

 

 

 

Und Bürgermeister Lutz Urbach in in-gl.de vom 15.01.2017:

 

Frage: „Der neue Baurat Harald Flügge hat jede handwerkliche Kritik am Vorentwurf zurückgewiesen, sieht keine Fehler bei den Grundlagen, bei den Annahmen und Bewertungen. Wie stehen Sie dazu?"

 

Antwort: „Ich habe überhaupt keinen Anhaltspunkt oder Grund, das anders zu bewerten als Herr Flügge."

 

Die Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange (also z.B. Bezirksregierung oder Rheinisch Bergischer Kreis) zeigten dann, dass die Bürgerinitiativen mit ihrer Kritik weitgehend Recht hatten.

 

Mit solchen Aussagen haben Urbach und Flügge jegliches Vertrauen in eine sorgfältige Bauleitplanung völlig verspielt.